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Das Baryton – Haydn und das Lieblingsinstrument des Fürsten Esterházy

Für das Lieblingsinstrument seines Herrn musste Joseph Haydn spezielle Musik schreiben. Das fast vergessene Baryton erlebte am Esterházy-Hof seine Blütezeit.

Ein Barytonhals vor goldenem Hintergrund.

Joseph Haydn selbst sagte, dass ihm das Komponieren für das Baryton einige Mühen bereitet hatte. Dieses Musikinstrument, das unglaublich schwer zu spielen ist, einen silbrigen Klang hat und heute fast in Vergessenheit geraten ist, erfuhr in Eisenstadt seine Hochzeit. Fürst Nikolaus I. Esterházy selbst spielte es mit Leidenschaft und wünschte sich daher Kompositionen für sein exklusives Instrument. So entstand eine kleine, ganz auf das Baryton zugeschnittene Musikindustrie am Fürstenhof. Wir begleiten Haydn in seinem Kompositionsprozess, lernen die Herausforderungen beim Komponieren für das Baryton kennen und bekommen natürlich eine Antwort auf die Frage: Was ist eigentlich ein Baryton?

Der Esterházy-Hof – Zentrum der Barytonmusik

Unter den vielen Dokumenten, die Haydns Zeit in den Diensten der Esterházy betreffen, sticht die sogenannte „Regulatio Chori Kismartoniensis“ (dt.: „Regelung des Chores von Eisenstadt“) von 1765 in zwei Inhalten hervor. Zunächst ist dieses Schreiben eine Ermahnung des Fürsten, dass Haydn sich mehr um die Kirchenmusik kümmern solle. Haydns Vorgesetzter, der fürstliche Oberkapellmeister Gregor Joseph Werner, hatte sich nämlich beschwert, dass Haydn hier seinen Pflichten nicht genügend nachkomme. Nikolaus I. Esterházy forderte Haydn in dieser „Regulatio“ aber nicht nur auf, sich gewissenhafter der Eisenstädter Schlosskapelle zu widmen. Er hatte noch ein weiteres Anliegen:

„Endlichen wird Ihme Capellmeister Hayden bestermaßen anbefohlen sich selbsten embsigerer, als bißhero auf die Compositionen zu legen, und Besonders solche stuckh die mann auf der Gamba Spiellen mag, und wovon Wür noch sehr wenig gesehen haben, zu Componiren […]“.

Haydn sollte sich also mehr auf das Komponieren konzentrieren, und zwar insbesondere Werke für „die Gamba“ schreiben. Mit „Gamba“ meinte Nikolaus I. das Baryton. Erst wenige Monate vorher hatte er sich nämlich ein solches Instrument in Tirol gekauft und das wollte er nun bespielen.

Was ist eigentlich ein Baryton?

Selbst zur Zeit Nikolaus I. Esterházys war das Baryton nur einem kleinen Kennerkreis vorbehalten, heute ist es den meisten Menschen unbekannt. Seine Blütezeit hatte das Instrument zwar eindeutig am Esterházy-Hof zwischen 1765 und etwa 1780, es wurde jedoch allgemein von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis ins frühe 19. Jahrhundert gespielt. Besonders in England, Deutschland und Österreich erreichte es sogar eine gewisse Popularität. Der Name kommt wohl aus dem Griechischen: „barytonos“ bedeutet so viel wie „tief klingend“.

Verwandt ist das Baryton mit der Tenor- bzw. Bassgambe. Damit ist es (primär) ein Streichinstrument und ähnelt einem Violoncello. Die Besonderheit ist jedoch, dass es nicht nur Melodiesaiten gibt, sondern auf der Rückseite des Instrumentenhalses noch weitere Saiten gespannt sind. Letztere schwingen einerseits beim Spielen der Melodiesaiten mit und können andererseits mit dem Daumen gezupft werden. Die Melodiesaiten werden hingegen mit einem Bogen gestrichen. Dadurch kann man sich das Baryton als Kombination aus Harfe oder Zither und Violoncello vorstellen. Die Melodiesaiten bestehen aus Darm, während die Resonanz- bzw. Zupfsaiten aus Metall gefertigt sind. Das Mitschwingen der Metallsaiten erzeugt zahlreiche Obertöne, wodurch eine silbrige Tonqualität entsteht. In seltenen Fällen findet man auch noch einen dritten Basssaitenbezug aus Darm auf der Decke des Instrumentes, die einen Bordunklang erzeugen sollen, also einen durchgehenden Halteton.

Die Anzahl der Saiten kann je nach Instrument stark variieren: so existieren Barytons mit 4 bis 7 Melodiesaiten und sogar 9 bis 22 Resonanzsaiten. Das Instrument des Barytonvirtuosen Anton Lidl besaß sogar 27 Resonanzsaiten. Die konventionellste Bespannung besteht jedoch aus 6 Melodiesaiten und 10-16 Resonanzsaiten. Durch die massive Spannung, die auf den Instrumenten durch die vielen Saiten lastet, ist ein stabiler Grundbau des Barytons nötig, oftmals mussten auch Metallverstärkungen eingebaut werden.

Den Reiz des Instrumentes machte wohl die Faszination aus, dass das Instrument mehrere Spielmöglichkeiten in einem vereinte. Die komplizierte Spieltechnik war jedoch vermutlich auch der Grund, warum das Baryton bald an Popularität verlor.

Einen beispiellosen Höhepunkt erreichte das Barytonspiel unter Nikolaus I. Esterházy. Mit dem Tod des Fürsten 1790 neigte sich die Blütezeit dieses Instruments dem Ende zu und schon bald wurde es unmodern.

Doch das Baryton ist nicht zur Gänze in Vergessenheit geraten – das ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass der berühmte Joseph Haydn dazu angehalten wurde, eine beträchtliche Anzahl an Werken dafür zu komponieren.

Haydns Kompositionen für das Baryton

„In Allem 163 Bariton-Stücke“ notierte Haydn selbst in seinem Werkverzeichnis. Der Beginn dieser intensiven Kompositionstätigkeit im Jahr 1765 fiel mit dem Ankauf eines Barytons durch den Fürsten in Tirol zusammen – und natürlich der entsprechenden Anweisung in der „Regulatio Chori Kismartoniensis“. Bis 1778 entstanden 126 Barytontrios, 6 Barytonduette für zwei Barytons, 12 Sonaten für Baryton und Violoncello, 12 Divertimenti für zwei Barytons und Bass, 17 mehrstimmige Cassationen und 3 Konzerte für Baryton, zwei Violinen und Bass. Darüber hinaus komponierte Haydn Klavierdivertimenti mit Violinen- und Barytonbegleitung sowie eine Kantate mit Barytonbegleitung aus Anlass des Todes von Friedrich des Großen im Jahr 1786.

Als Stimmung für das Baryton als Soloinstrument sah Haydn meist bei den Melodiesaiten D G c e a d1 vor, während die Resonanzsaiten auf A d e fis g h cis d1 gestimmt waren. Die häufigsten Tonarten der Barytonwerke Haydns belaufen sich auf A-Dur, D-Dur und G-Dur, wobei die Tonart von den leeren gestrichenen Saiten abhängig ist. Im Großen und Ganzen lag Haydns Hauptaugenmerk auf dem charakteristischen Klang des Instrumentes, nur selten notierte er einen zusätzlichen Begleitton an den Resonanzseiten. Interessant ist auch die Notation selbst: in den Blättern schrieb Haydn teilweise zu den gestrichenen Passagen „Gamba“, während er die Notenzeilen für die gezupften Resonanzseiten mit „Pariton“ bezeichnete.

Eine Besonderheit, die in Haydns Barytontrios auftritt, sind musikalische Zitate. So erklingt etwa im Trio Nr. 5. (Hob. XI:5., I. Moderato) die Arie „Che faró senz‘ Euridice“ aus Christoph Willibald Glucks Oper „Orfeo ed Euridice“. Teilweise zitierte sich auch Haydn selbst, etwa aus Sinfonien. Dabei kann gar nicht sicher gesagt werden, ob die erste Verwendung mancher Melodien in den Sinfonien oder eben in den Barytontrios stattfand.

Solche Eigenverweise erleichterten Haydn die gewünschte Abwechslung in den vielen Kompositionen, die er für das Baryton schreiben musste. Gleichzeitig konnte er so den Dienstherrn bei Laune halten, der Freude an dem Wiedererkennungswert zeigte. Haydn nutzte beispielweise die Melodie des Allegretto aus dem Trio Nr. 116 (Hob. XI:116) für den Lobeschor „Al tuo arrivo felice“, als der Fürst 1781 aus Paris zurückkehrte. Das Trio Nr. 116 gehörte zu den Lieblingsmusikstücken von Nikolaus I. Esterházy.

Da das Baryton nur von einem exklusiven Kreis gespielt wurde, transkribierte Haydn außerdem vieler seiner barytonspezifischen Stücke auch für andere Instrumente. Einige Trios existieren daher auch in einer Version für die gängigere Besetzung aus Violine, Viola und Violoncello, manchmal setzte er stattdessen auch eine Flötenstimme ein.

Musik, ganz auf den Fürsten zugeschnitten: Das Baryton am Esterházy-Hof

Nicht nur Haydn musste für das Lieblingsinstrument Nikolaus Esterházys schreiben, sondern auch andere Mitglieder der Musikkapelle, ja sogar externe Komponisten wie Anton Neumann – der Musikdirektor des Erzbischofs von Olmütz – wurden herangezogen, um die Spielfreude des Fürsten zu befriedigen. Die esterházy’sche Kapelle brachte sogar wahre Baryton-Virtuosen hervor, wie etwa Johann Carl Franz oder Anton Lidl.

Der Musikwissenschaftler Gerhard J. Winkler spricht deswegen von einem „Baryton-Zirkel“ am Esterházy-Hof. Haydn agierte in diesem Zirkel als Hauptkomponist, seine Kollegen Luigi Tomasini und Joseph Purksteiner waren jedoch ebenso als Barytonkomponisten tätig: Tomasini, der unter Haydn auch fürstlicher Kammermusikdirektor war, schrieb über 20 Divertissements für das Baryton, Joseph Purksteiner lieferte 24 komponierten Divertimenti für Baryton, Viola und Bass.

Die eingeschränkte Personenanzahl in diesem „Baryton“-Zirkel lässt Vermutungen zur Aufführungspraxis von Barytonwerken am Fürstenhof zu. Demnach spielte bei Trios wohl Nikolaus I. selbst das Baryton, Purksteiner oder Tomasini spielten Viola bzw. Violine und Joseph Weigl d. Ä. das Violoncello. Barytonduette wurden vom Fürsten zusammen mit Haydn selbst oder Johann Carl Franz aufgeführt. Für Werke, die Nikolaus nicht eigenhändig spielen sollte, waren Johann Carl Franz und Andreas Lidl zuständig.

Die Barytonduette erforderten natürlich eine geeignete Anzahl an Instrumenten am Esterházy-Hof. Drei Barytons lassen sich mit dem fürstlichen Musikbetrieb in Verbindung bringen. Eines davon war das bereits angesprochene Instrument des Instrumentenbauers Jacob Stainer aus Tirol, welches der Fürst 1765 erwarb. Ein zweites Baryton aus der Werkstätte Daniel Achatius Stadelmanns in Wien gehörte wahrscheinlich Joseph Haydn selbst, ein drittes von Johann Josef Stadelmann (Sohn des Daniel Achatius) wurde wohl für die Hofkapelle angekauft. Die drei Instrumente unterschieden sich in der Bespannung der Melodiesaiten nur gering: Das Baryton Daniel Achatius Stadelmanns war mit 6 Darmsaiten ausgestattet, die anderen beiden besaßen hingegen 7.

Wie sehr Nikolaus I. die Werke für Baryton schätzte, zeigen auch mehrere Prachtbände, in denen die Kompositionen aufbewahrt wurden. So überreichte Haydn 1767 seinem Fürsten einige Barytontrios (Hob. XI: 73-96) in einem prachtvollen Ledereinband.

In einer Hinsicht bleibt also die Kultivierung des Barytonspiels am Esterházy-Hof unvergleichlich: Von Nikolaus I. Vorliebe war eine ganze Musikproduktionsparte und Aufführungspraxis ausgegangen, die in jeglicher Hinsicht auf ihn zugeschnitten war. Kaum ein anderes Musikgenre war im 18. Jahrhundert so sehr von einer einzigen Person abhängig wie die Barytonmusik.

Lieblingsinstrument des Fürsten – Hassliebe Joseph Haydns?

Seinem italienischen Biographen Giuseppe Carpani gegenüber erwähnte Joseph Haydn, dass ihm das Komponieren für das Baryton nicht immer leichtfiel:

„Mi diceva l‘Haydn che di grandi sudori gli avera costato lo scrivera pel medesimo […].“, also: „Haydn erzählte mir, dass es ihn große Anstrengung gekostet habe, für dasselbe Instrument zu schreiben […].“

Vermutlich lag diese „große Anstrengung“ vor allem Anfangs darin begründet, dass Haydn das seltene Instrument nicht besonders gut kannte. Doch das dürfte nicht die einzige Schwierigkeit gewesen sein: Als Komponist Anton Neumann 1769 dem Fürsten die letzten seiner Barytonduette schicken ließ, äußerte er in einem Brief die Sorge darüber, dass die Stücke zu ähnlich klingen könnten. Schließlich grenzten die speziellen Voraussetzungen des Instruments die Möglichkeiten doch ein wenig ein und noch dazu verlangte der Fürst eine große Anzahl an Stücken. Vor ähnlichen Herausforderungen stand auch Haydn. Vielleicht war dies auch mit ein Grund für die musikalischen Zitate und Eigenverweise in seinen Barytontrios.

Die oft stark variierende Bauweise der Barytons erforderte zudem eine Komposition, die auf ein bestimmtes Instrument zugeschnitten war. Hier dürfte am Esterházy-Hof der Vorteil geherrscht haben, dass sich die drei nachweisbaren Instrumente nicht allzu sehr unterschieden. Trotzdem war Haydn hier natürlich an die baulichen Voraussetzungen der vorhandenen Barytons gebunden. Besonders bei Duetten musste weiters darauf geachtet werden, dass die Solostellen nicht zu schwierig gestaltet waren, damit der Fürst diese spielen konnte.

Laut Haydns Biographen Albert Christoph Dies und Georg August Griesinger habe Haydn auch Ambitionen gehabt, selbst ein Virtuose auf dem Baryton zu werden. Überragende Fähigkeiten auf dem Instrument waren aber, je nach Überlieferung, entweder nicht erwünscht oder wurden vorausgesetzt.

Griesinger beispielsweise berichtet, dass Haydn sich des Nachts heimlich auf dem Baryton übte und eines Abends ein Überraschungskonzert für den Fürsten spielte. Nikolaus jedoch „[…] äußerte einige Empfindlichkeit darüber, daß ihm Haydn den Rang auf diesem Instrumente ablaufen wollte, und von dieser Stunde an berührte Haydn sein Bariton nie wieder.“ Auch Dies schreibt davon, dass Haydn nächtliche Übungsstunden auf dem Baryton abhielt, weil ihm Nikolaus gesagt hätte, dass das Baryton nur in einer Tonart spielbar sei. Haydn wollte dies nicht so ganz glauben, beschäftigte sich eingehender mit dem Instrument und präsentierte seine neuen Fertigkeiten schließlich dem Fürsten: „Er […] ließ sich öffentlich vor dem Fürsten hören, spielte in mehreren Tonarten, und glaubte unendlichen Beyfall einzuernten. Der Fürst war jedoch gar nicht verwundert, nahm die Sache, wie sie genommen werden mußte, und sagte bloß: ‚Haydn! Das müssen Sie wissen.‘.“ Der Fürst erwartete demnach von Haydn hervorragende Fertigkeiten auf dem Baryton: Es wäre dessen Pflicht, besser als sein Dienstherr zu spielen.

Trotz alldem dürfte Haydn aber auch von den Erfahrungen profitiert haben, die er im Zuge seiner Kompositionen für das Baryton sammeln konnte. So jedenfalls schreibt es Giuseppe Carpani in seiner Haydn-Biographie:

„[…] ma che gli erano stati quasti sforzi di gran vantaggio nel comporre poi per altri strumenti.“, also: „[…] dass ihm diese Mühen aber später beim Komponieren für andere Instrumente von großem Vorteil gewesen seien.“

Heute hat es das Baryton wohl der Vorliebe des Fürsten Esterházy und dessen Kompositionsaufträgen zu verdanken, dass es nicht ganz in Vergessenheit geraten ist. Am Esterházy-Hof entwickelte sich so ein kleines Zentrum des Barytonspiels. Joseph Haydn stand bei seinen Kompositionen für das Baryton vor einigen Hürden: Er hatte wenig Erfahrung mit dem seltenen Instrument, musste sich an die baulichen Vorgaben der vorhandenen Instrumente halten, ein hohes Kompositionspensum bewältigen und dabei trotzdem genügend Abwechslung bieten. Aber Haydn wäre wohl nicht Haydn, wenn er nicht auch hier seinen Einfallsreichtum unter Beweis stellen konnte. Trotzdem bleiben diese Kompositionen wohl die Werke Haydns, die man am wenigsten von seinem Dienstgeber trennen kann. Esterházy‘sche Musik eben, wie sie es kein zweites Mal gibt.

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