25.01.2025
Ungarische Tageszeitung Népszava und Esterházy-Stiftung Ungarn schreiben den Wettbewerb ÉLET.TÖRTÉNET. für junge Menschen aus

Die Tageszeitung Népszava und die Esterházy-Stiftung Ungarn starten in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Budapest, der Erzsébetváros-er Stiftung für Jüdisches Erbe sowie mit András Polgár, Ferenc Olti und Péter Szakonyi den Wettbewerb élet.történet. ['Lebens.Geschichte']für Jugendliche im Alter von 16 bis 22 Jahren.
Die Organisatoren erhoffen sich, durch die Texte einen Einblick in das Leben, die Gedankenwelt und die Erfahrungen der jungen Generation von heute zu gewinnen. Eine Teilnahme ist bis zum 2. Mai unter www.elettortenet.com
möglich.
Im Rahmen der öffentlichen Projekt-Präsentation für die Presse fand am 27. Januar ein Rundtischgespräch im Goethe-Institut in Budapest statt. Die Gäste wurden von Miriam Bruns, der Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, begrüßt.
„Wir bringen dieses Projekt anlässlich des 80. Jahrestages des Holocausts, als Ehrenbezeigung für die Verstummten und die Opfer mit dem Ziel auf den Weg, den 16- bis 22-Jährigen von heute eine Stimme zu geben, die ebenso aktiv und meinungsfreudig sind wie die jüdische Jugend der 1930-er Jahre” – hob Péter Németh, Chefredakteur von Népszava, in seiner Begrüßungsrede hervor.
Er fuhr fort, dass die Teilnahme ab dem 27. Januar 2025 über www.elettortenet.com möglich ist, dabei sind die einzelnen Lebensgeschichten auf dieser Internetseite bis zum 2. Mai 2025 hochzuladen. Die bestplatzierten Beiträge werden am 13. Juni 2025 bekannt gegeben. Fünf Beiträge werden mit insgesamt 2.550.000 HUF prämiert, wobei der Hauptpreis mit 1 Million HUF dotiert ist. Er wies auch darauf hin, dass die ursprünglichen Wettbewerbsbeiträge in den 1930-er Jahren in erster Linie zu wissenschaftlichen Zwecken erstellt wurden und daher das Ziel außerdem darin besteht, die feierliche Preisverleihung mit einer wissenschaftlichen Konferenz zu verbinden.
Die Teilnehmer der Diskussionsrunde waren der Historiker und Holocaust-Forscher László Karsai, die Theaterregisseurin und zugleich Initiatorin und Leiterin des Projekts Patrícia Horváth, seitens des Vereins Freeszfe, von dem die Bewertung der Beiträge übernommen wird, dessen Vorsitzender László Upor und der Schriftsteller Gábor Németh, sowie Balázs Czigány, stellvertretender Direktor der Esterházy-Stiftung Ungarn und zugleich Co-Organisator des Projekts. Geleitet wurde die Gesprächsrunde von Zoltán Batka, Journalist der Tageszeitung Népszava.
In Beantwortung der Frage von Zoltán Batka sprach der Historiker László Karsai über die Einzigartigkeit des Holocaust und darüber, ob dieser vergleichbar mit anderen Völkermorden ist.
Patrícia Horváth, Theaterregisseurin und Leiterin des Projekts, ging auf den Ursprung der Projektidee ein, nämlich auf die damaligen Lebensgeschichten-Wettbewerbe des Jiddischen Wissenschaftlichen Instituts (YIVO), das in den 1930-er Jahren von jüdischen Intellektuellen in Berlin und im polnischen Vilno (heute Vilnius) gegründet wurde, insbesondere auch auf die 2017 aufgefundenen Lebensgeschichtsschriften mehrerer Hundert jüdischer Jugendlicher.
Das Yidisher Visnshaftlekher Institut YIVO ist eigentlich eines der ersten sozialgeschichtlichen Forschungsinstitute der Welt mit heutigem Tätigkeitssitz in New York und war in den 1930-er Jahren Initiator von gleich drei Autobiografie-Wettbewerben, die durch einen auf den Titelseiten der größten jüdischen Zeitungen veröffentlichten Teilnahmeaufruf eingeleitet wurden. Ziel des Instituts war es dabei, inmitten der Geschehnisse einer am Scheideweg stehenden Welt Informationen über das Alltagsleben jüdischer Jugendlicher zu sammeln.
Sie betonte, dass der jetzige Wettbewerb im Großen und Ganzen dem Aufruf von 1939 entspricht, jedoch nicht auf eine bestimmte Glaubens- oder sonstige Gruppe beschränkt ist, sondern auf die 16- bis 22-jährige Altersgruppe der gesamten Gesellschaft erweitert wurde. Die grundlegenden Fragen jedoch bleiben im Wesentlichen dieselben: Wer bist du? / Wie lebst Du? / Wie siehst du die Welt? / Was für eine Zukunft stellst du dir für dich in 10 Jahren vor?
Die nächste Frage von Zoltán Batka richtete sich an die Schreibtraining-Dozenten von Freeszfe, an den Schriftsteller Gábor Németh und den Vorsitzenden László Upor. Drittes Jury-Mitglied ist die Dichterin Petra Szőcs.
Auf die Frage, ob ein solcher Wettbewerb heute überhaupt noch eine Existenzberechtigung habe, teilte Gábor Németh aus eigener Erfahrung mit, dass er durch seinen Sohn einige Slam-Poetry-Abende miterlebte, bei denen in der Regel die auch durch den jetzigen Wettbewerb angesprochenen 16- bis 22-Jährigen auftreten und er die Erfahrung machte, dass sie durchaus etwas zu erzählen und auch den Willen hätten, nur für ihre eigene Generation typische Erlebnisse in Worte zu fassen, über die sonst nicht berichtet würde. Wie er hinzufügte, kann dieser Wettbewerb auch wichtig für unsere Selbstwahrnehmung sein.
Darüber hinaus erteilte er den jetzigen Wettbewerbsteilnehmern den folgenden Rat: „Wenn eine Verallgemeinerung überhaupt möglich ist, würde ich raten, sich mit so wenigen Hypothesen wie möglich ans Schreiben zu machen. Ich glaube, wenn ich mir erlauben dürfte, etwas zu empfehlen, würde ich Folgendes raten: dass man über das spricht, was einem wichtig ist. Die Jugendlichen sollten in ihren Texten nicht versuchen, sich dem Zeitgeist anzupassen oder den Attributen eines vermeintlichen Erfolgs hinterherzujagen, sondern sie sollten sich wirklich auf das konzentrieren, was sie am meisten interessiert. Interessante Texte entstehen immer dann, wenn man in der Lage ist, von faktischen Erwartungen abzusehen und über das zu schreiben, was einem wichtig ist. Weil es genau das ist, wozu man eine so intensive emotionale Beziehung hat, dass der daraus resultierende Text den Leser zu packen in der Lage ist.”
„Es handelt sich weder um einen Schulaufsatz noch um eine Prüfung. Wenn man kein Interesse hat, tatsächlich eine Geschichte, seine eigene Geschichte zu erzählen und man sich nicht auf eine Entdeckungsreise begeben will, dann halte ich es für nicht sehr wahrscheinlich, dass man dann überhaupt teilnehmen wird. Will man sich jedoch auf eine echte Entdeckungsreise einlassen, ist es vollkommen egal, was für einen Trekkingschuh man trägt und ob man als Ausrüstung einen Wanderstock oder eine Sauerstoffflasche mitnimmt. Die Hauptsache ist, was man für sich selbst tut. Es lässt mich vollkommen kalt, was für Hilfsmittel jemand benutzt, ob man seinem Handy diktiert, mit Bleistift schreibt oder ob sich jemand mit drei Freunden zusammensetzt, denen erzählt und dies dann in irgendeine schriftliche Form bringt”, erläuterte László Upor seine Meinung.
Balázs Czigány, stellvertretender Direktor der Esterházy-Stiftung Ungarn und Co-Organisator des Projekts, hob in Beantwortung der Frage, warum sich die Stiftung der Initiative von Népszava angeschlossen habe, Folgendes hervor: „Ziel der Stiftung ist es, den Dialog in den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Kultur aufrechtzuerhalten, die gesellschaftliche Entwicklung aktiv zu fördern und eine Plattform für beispielhafte Events zu schaffen, die soziale und kulturelle Werte innovativ vermitteln und fördern. Im kommenden Jahr wird es zehn Jahre her sein, dass wir den Geschichtswettbewerb ESTÖRI ins Leben riefen, der sich immer mehr zu einem sozialwissenschaftlichen Wettbewerb entwickelt. Dort richten wir uns an die Altersgruppe der 16- bis 18-Jährigen, von denen sich in diesem Jahr 180 Dreier-Teams bewarben. Es gibt also sehr viele Schnittstellen und wie Gábor Németh in einem früheren Interview in Népszava bereits sagte, ist das Interessante an diesem Wettbewerb, dass es um die Gegenwart der Geschichte geht, also genau um das, was in den Geschichtsbüchern normalerweise keinen Platz findet.”
Er fügte hinzu, dass diese Initiative bei ordnungsgemäßer Dokumentierung zu einem Pilotprojekt werden könnte, das als Modell auch für andere Länder dient. Im Idealfall wird im späteren Verlauf mit einer Durchführung des Wettbewerbs in allen EU-Mitgliedstaaten die Stimme der gesamten Generation junger Menschen, die die Zukunft der Europäischen Gemeinschaft gestalten, neben derer der Jugendlichen von vor 85 Jahren zu hören sein.
Weitere Informationen zu den Details des Wettbewerbs finden Sie auf der Internetseite www.elettortenet.com sowie auf bereits im Vorfeld erschienenen Artikeln von Népszava.